Beim Biwakfliegen triffst du fortlaufend Entscheidungen. Das tust du zwar immer beim Fliegen; dennoch besteht ein frappanter Unterschied: Beim Biwakfliegen kannst du einen schlechten Tag nicht durch Heimgehen beenden. Somit haben Fehlentscheide nachhaltende Auswirkungen. Ich unterteile diese in 5 Klassen:
Die unterschiedliche Gewichtung dieser fünf Auswirkungen ist offensichtlich. 1. und 2. will ich wirklich vermeiden. 3. und 4. nehme ich explizit in Kauf und 5. betrifft mich nur, wenn es meine Motivation herunterziehen würde.
Prozesse und Massnahmen für ein gutes Abenteuer
1. Das Gesundheitsrisiko
Wenn ich ein Gesundheitsrisiko eingehe, muss es sich lohnen. Ich mach mir eine mentale Liste der Gefahren und schätze deren Wahrscheinlichkeiten ab. Wenn diese überschaubar sind, der Einsatz sich auch wirklich auszahlen kann und ich zudem ein Bauchgefühl von “das hab ich im Griff” habe, kann ich das Risiko eingehen. Wichtig ist mir, danach auch wieder Bilanz zu ziehen. Mittlerweile gehe ich jeden Flug im Stil eines Debriefings durch und frage mich: "War da was Gefährliches dabei?". Wenn ja, warum habe ich die Entscheidung getroffen, die dazu geführt hat? Ich will vermeiden, mangelndes Talent durch Mut zu kompensieren. Ich bin zufrieden, dass ich auf dieser Tour fast keine gefährlichen Situationen erlebte, zumindest nicht mehr als sonst beim Streckenfliegen.
2. Materialverlust und Materialbeschädigungen
Materialverlust oder -beschädigung kann das Ende der Tour bedeuten. Daher will ich diese Situationen verhindern. Nebst der Vermeidung von Unfällen kommt etwas scheinbar banales dazu: nichts verlieren! Ich habe keine Redundanz dabei. Materialverlust (und sei’s eine Sonnenbrille) will ich nicht in Kauf nehmen. Hier musste ich meinen Prozess ändern und diesen dann pedantisch einhalten. Es gibt nur zwei Methoden, mich zu vergewissern, dass ich alles dabei hab. Nämlich die Checkliste (alles dabei) und die Nachkontrolle (nichts vergessen). Die Nachkontrolle funktioniert nur, wenn ich beim Auspacken darauf achte, meine Ausrüstung auf ein klar definiertes Gebiet zu verteilen, dass ich am Schluss bewusst kontrolliere. Also Vorsicht, wenn ich in einer SAC Hütte neben anderen Gästen mein Gepäck auspacke und unabgegrenzt verstreue. Am Startplatz achte ich darauf, den Schirm vom Packsack den Hang hinauf zu tragen, um zu verhindern, dass er Material verdeckt. Schliesslich achte ich bewusst darauf, dass meine Taschen und Reissverschlüsse zu sind und zu bleiben, damit mir nichts rausfällt. Gilt auch für die Taschen meiner Shorts.
3. Unannehmlichkeiten wie anstrengende Fussmärsche
Regen und Kälte gehören zum Abenteuer, zu dem ich mich entschlossen habe, dazu. Ich nehme sie ohne zu zögern in Kauf; vorausgesetzt es besteht keine grosse Gefahr für meine Gesundheit. Angsteinflössenden Situationen probiere ich aus dem Weg zu gehen, da sie mir auf die Motivation schlagen.
4. Zeitverlust und -druck
Meine Tour ist kein Rennen. Ich habe einen Monat Zeit. Zeitverlust ist mir egal, so lange ich mich nicht im Kreis drehe.
5. Aussehen und Erwartungshaltung
Ich mache mir wenig Gedanken darüber, vor Anderen schlecht dazustehen. Mit meinem Blog fühle ich mich als Journi, der darüber berichtet, wie sich ein Volbiv anfühlt. Meine Misserfolge dokumentiere ich gerne, diese machen den Bericht menschlich und somit spannender. Was mir aber am Herzen liegt, ist mein Selbstwertgefühl: Ich versuche Situationen zu vermeiden, wo ich mich im Kreis drehe, da dies meine Motivation runterzieht.
Den kompletten Tourbericht mit vielen Geschichten, Abenteuern und Videos findest Du hier in Rico`s Blog.