Advance Theta

Die Gedanken des Entwicklers

Wir haben Christian Proschek, Chefingenieur bei ADVANCE, zum Theta ULS, dem neusten Wurf des Schweizer Premiumherstellers, befragt. Er hat den Theta ULS gemeinsam mit Florian Auth und dem Testteam von ADVANCE entwickelt.

Für welche Pilotenbedürfnisse habt ihr den Theta entwickelt?

Als Mid-B Schirm spricht der Theta grundsätzlich eine sehr breite Pilotengruppe an. Und sein geringes Gewicht ab 3.1 kg, in Kombination mit dem sehr kleinen Packvolumen, vergrössert das Spielfeld nochmals erheblich. Der Theta ist ein wahrer Allrounder. Zu allererst ist er ein Streckenflug-Intermediate, der nahezu die Leistung eines IOTA DLS aufweist.

Ob die Pilotin oder der Pilot nun mit dem Theta von der Bergbahn an den Startplatz oder auf einen abgelegenen Gipfel zum Starten hochläuft, am Schirm solls jedenfalls nicht liegen. Denn eine Theta-Komplettausrüstung kann bereits ab 6.5 kg zusammengestellt werden, z.B. mit einem Weightless-Gurtzeug und einem Leichtretter. Natürlich ist das kompakte Paket auch sehr praktisch, um z.B. mit dem ÖV ins Fluggebiet zu gelangen oder eignet sich zum Mitnehmen in den Urlaub.

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Ihr schreibt ja, dass der Theta Wettkampf Gene in sich trägt, wieviel Marketinggeschwafel ist das?

Die Technologie des neuen Gleischirms stammt effektiv direkt vom OMEGA ULS ab [Siegerschirm am X-Alps 2023, Anmerkung Paraworld]. Das Herzstück bildet die Innenstruktur, weil dort das Entwicklungs-Know How drinsteckt und das Gewicht eingespart wird. Und genau da können wir auf eine langjährige Erfahrung zurückgreifen, weil uns unsere X-Alps Athleten zu immer extremeren Konstruktionen angespornt haben.

Die Innenstrukturen sind aufwändiger, komplexer und filigraner geworden. Das kannst du gut sehen, wenn du mal selber in einen Theta reinschaust. Es geht ja im Wesentlichen darum, die Kraft von möglichst wenig Leinen, bzw. wenig Aufhängepunkten ideal auf die ganze Kalotte zu verteilen, damit die internen Spannungen homogen sind und die Statik des Schirmes perfekt ist. Dazu verwenden wir unsere eigene, selber entwickelte Konstruktions- und Simulationssoftware.

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Kannst du etwas bezüglich der verbauten Materialien sagen?

Ja klar! Wenn wir über das Segeltuch sprechen, müssen wir die Aussenhülle vom Innenleben unterscheiden. Ober- und Untersegel sind grösstenteils aus den leichtesten am Markt verfügbaren High-End-Materialen gebaut, also aus dem Skytex 27 g Tuch von Porcher (Obersegel) und aus noch leichterem D10 von Dominico (Untersegel).

Grundsätzlich legen wir bei ULS Produkten ein besonderes Augenmerk darauf, dass die Wahl von Materialien den Belastungen angepasst wird. Ganz wichtig: bei den aufgehängten Profilrippen verbauen wir bewusst kein Ultra-Leichttuch. Dies trägt massgeblich dazu bei, dass die Flugeigenschaften des Theta auch nach vielen Flügen erhalten bleiben. Denn es ist ein bekanntes Problem, dass sich Bauteile von Ultraleichtschirmen, insbesondere die Profilrippen, mit der Zeit verziehen, was zu einem schlechteren Startverhalten und einer Leistungsminderung im Flug führt.

Die äusserst dehnungsarmen Aramid-Leinen von Edelrid führen zu einer hohen Wartungsfreundlichkeit bei. Ein Trimtuning ist bei diesen Leinen normalerweise erst beim ersten Check nach zwei Jahren nötig. Last but not least möchte ich noch die Nitinol-Wires im Bereich der Eintrittskante erwähnen. Diese sind extrem leicht aber gleichzeitig sehr robust und erfordern deshalb beim Packen nicht besondere Aufmerksamkeit.

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Ihr sprecht bei ADVANCE oft von Flugkomfort, was versteht ihr darunter?

Es geht darum, dass sich Pilotinnen und Piloten unter unseren Schirmen wohlfühlen. Ca. 70% des gesamten Entwicklungsaufwandes widmen wir ausschliesslich diesem Thema. Der Schirm soll nicht unangenehm nach vorne pitchen oder sich zu stark aufstellen beim Einfliegen in die Thermik, er darf nicht rollen oder unangenehm an den Karabinern hebeln. Das sind alles Eigenschaften, die dem Piloten unterschwellig Unruhe und ein ungutes Gefühl vermitteln, insbesondere in turbulenter Luft. Dies gilt es zu eliminieren.

Auf der anderen Seite soll der Schirm trotzdem «sinnvolle» und angenehme Feedbacks übermitteln. Hier ist aerodynamisches Handwerk gefragt: Profilauslegung, ausgestalten von Auftriebsverteilungen in Profiltiefe und über die Spannweite usw. Es muss die bestmögliche Balance aus unzähligen Gestaltungsparametern gefunden werden. Deshalb testen wir extrem viel bei unterschiedlichen Flugbedingungen, bis die Produkte unseren eigenen hohen Anforderungen entsprechen.

Ein ruhiges, komfortables Flugverhalten vermittelt Sicherheit, Spass und Freude am Fliegen, so bleiben die Pilotinnen und Piloten dem Sport lange erhalten. Das ist unser Ziel.

Die Grössen sind ja auch immer ein Thema, was kannst du zur Grössenwahl beim Theta sagen?

Der Theta reagiert sehr tolerant auf unterschiedliche Zuladungen. Das ist nicht bei allen Schirmen so. Oft gehen Schirme besser, wenn sie gut beladen bzw. im oberen Gewichtsbereich geflogen werden. Deshalb kann ich den Theta über den ganzen idealen Gewichtsbereich gemäss Gewichtstabelle empfehlen. Besonders erwähnenswert ist, dass wir die beiden kleinen Grössen 21 und 23 verkleinert haben und so eine ideale Flächenbelastung in den niedrigeren Gewichtsbereichen erreichen. Das hat den Vorteil, dass auch leichte Pilotinnen und Piloten ab 60 kg Startgewicht einen optimalen Gewichtsbereich wählen können.